Zwischenwohnen – Ein Praxisbeispiel

Am Kiwihof im Landauer Ortsteil Nussdorf lässt sich gut zeigen, wie leerstehende Gebäude wieder auf den Wohnungsmarkt gebracht werden können.

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Zwischenwohnen im Kiwihof

Das Haus soll verkauft werden. Zwischen dem Entschluss zum Hausverkauf und dem tatsächlichen Verkauf steht ein Gebäude teilweise über mehrere Jahre leer. In dieser Zeit leidet das Gebäude, weil Heizung, Wasser und Toiletten nicht benutzt werden und das Risiko für Vandalismus steigt. Leerstand kostet die Eigentümer monatlich Geld. Gleichzeitig sind Menschen auf der Suche nach (günstigem) Wohnraum, der in vielen Städten knapp ist.

Pilotprojekt: Kiwihof

Der Kiwihof wird seit Mitte Oktober 2023 mit 4 Personen auf Grundlage einer fairen Nutzungsvereinarung zwischenbewohnt, den die Landauer Leerstandsinitiative mit einem Fachanwalt für Mietrecht entwickelt hat. Sie sichert beide Seiten rechtlich ab. Im Gegensatz zu einem Mietvertrag zahlen die Bewohnerinnen und Bewohner keine Miete, sondern nur die Nebenkosten. Das macht den Wohnraum für die Bewohnerinnen und Bewohner günstiger und bringt den Immobilienbesitzenden die ohnehin anfallenden Nebenkosten wie Grundsteuer, Wasser- und Heizkosten.

Der weitere Vorteil für die Besitzenden: Die Vereinbarung kann legal befristet werden. Damit bleibt die Flexibilität vorhanden und die Bewohnerinnen und Bewohner ziehen aus, wenn das Haus tatsächlich verkauft wurde. Für die Beendigung der Wohnnutzung müssen keine Gründe angegeben werden. Empfehlenswert ist aber eine gewisse Mindestlaufzeit, in der die Bewohnenden nicht mit einer Kündigung rechnen müssen. Im Kiwihof ist das ein halbes Jahr, das in Absprache und je nach Fortschritt des Verkaufsprozesses monatlich verlängert werden kann.

Zitat Besitzerin:

„Für mich war die Unterstützung der Landauer Leerstandsinitiative sehr wertvoll. Mit Unterstützung war es viel leichter, sich um die leerstehende Wohnung zu kümmern und dran zu bleiben. Es freut mich sehr, dass jetzt wieder Menschen dort wohnen. Ich habe Spielraum bekommen um einen geeigneten Käufer zu finden, und kann mich darauf verlassen, dass die Nutzer ausziehen, wenn es soweit ist.“

Zitate Bewohner:innen:

„Mit vollkommen Unbekannten zusammen zu ziehen – das ist schon ein Abenteuer! Das hätte ich nicht gewagt, wenn diese Gelegenheit nicht gewesen wäre: günstig von der Lage, vom Preis her – und zeitlich begrenzt – ideal für unsere Situation, wo wir auf Platz in einer anderen WG warten. Dazu kommen die gute Vorbereitung mit anwaltlicher Beratung – und die Freundlichkeit der Besitzerin hat viel Sicherheit gebracht.“

„Ja, ich spüre auch ein großes Einlassen, Förderung von Miteinander, ein soziologisches Phänomen auf mehreren Ebenen: Ein komplett unbekanntes Konzept, neue Menschen: mehrere Generationen, Männer und Frau, verschiedene Kulturen unter einem Dach in vier verschiedenen Lebenssituationen; dann der Hof selbst, die Räume und Gegebenheiten und auch der Verein der Leerstandsinitiative. Uns auf das alles einzulassen, fördert sicherlich die Entwicklung jeder/jedes Einzelnen. Da entsteht auch ein ganz neues Wohngefühl, sehr auf Vertrauensbasis. Durch die niedrigen Kosten hab‘ ich viel Lust, unser gemeinsames Leben zu gestalten, auszuprobieren und auch Hof und Haus zu pflegen. Insgesamt ist weniger Anspruchshaltung spürbar – als ich es schon erlebt habe, auch in WGs. Ich hoffe, dieses Beispiel macht Schule.“

„Mir hat die Leerstandsinitiative sehr beim Übergang in die neue Stadt geholfen. Ich finde das Projekt sehr mutig und bin Überzeugt davon, dass alle Parteien profitieren.“

2 Antworten zu „Zwischenwohnen – Ein Praxisbeispiel“

  1. […] Reguläre Mietverträge sind für manche Leerstände nicht flexibel genug. Das deutsche Mietrecht schützt die Mietenden, zum Glück. Auf Augenhöhe entwickelte Zwischennutzungsvereinbarungen, wie wir es bei unserem Pilotprojekt Kiwihof realisiert haben, können dafür eine Lösung sein. Wir nennen das entwickelte Konzept Zwischenwohnen und freuen uns über Nachahmung. Die Nutzenden zahlen keine Miete. Sie bewachen und erhalten das Gebäude durch Ihre Nutzung und tragen nur die Nebenkosten, im Gegenzug stellen sie sich auf eine befristete Wohndauer ein.  Aus Fairnessgründen empfehlen wir, die konkrete Vereinbarung und Nutzungsdauer vertraglich wirksam festzuhalten. Den Vertrag, den wir zu diesem Zweck mit einem Fachanwalt für Mietrecht entwickelt haben, geben wir auf Anfrage gerne weiter. Praxisbeispiel Kiwihof […]

  2. […] vom 14. Dezember 2023 berichtet der SWR über den Kiwihof in Nussdorf, wo wir aktuell unseren »Modellversuch Zwischenwohnen« […]